Entschleunigung – oder der Marathon des Lebens

Entschleunigung – oder der Marathon des Lebens

… läuft die Zeit uns davon – oder laufen wir eigentlich davon?

Morgens stehen wir auf. Bringen die Kinder zur Schule. Hetzen dann zur Arbeit. Wir kochen. Wir waschen. Wir putzen. Dann muss ein Kind zum Fußballverein. Das andere zum Ballett. Abends gehen wir dann noch zum Elternabend. Danach fallen wir ins Bett.

Und täglich grüßt die Rastlosigkeit wieder, denn morgen geht der gleiche Wettlauf mit der Zeit von vorne los.

Gut, vielleicht ist nicht jeder Tag so, aber ihr werdet mir zustimmen, es gibt einige in dieser Art. Doch woran liegt das, dass wir immer gehetzter werden? Wir wollen unbedingt alles schaffen – und das am Besten perfekt. Wir haben die besten Kinder, das schönste Haus und den besten Job. Stimmt das denn überhaupt und vergessen wir dabei vielleicht einfach zu leben?

Zunächst sollten wir die Frage klären: Haben wir tatsächlich zu wenig Zeit oder teilen wir diese vielleicht nur falsch ein?

In der heutigen Zeit wird alles „beschleunigt“. Schnellere Verbindungen – sei es das Handy oder das Auto. Schneller – höher – weiter. Wir könnten ja etwas verpassen. Und genau da liegt der Knackpunkt. Ich sehe es an mir selbst. Ich komme nach Hause. Der Tag war lang und eigentlich müsste es heißen: Feierabend. Doch irgendwie geht das nicht, eine innere Stimme sagt: „Komm, check nochmal schnell deine Mails und schmeiß noch eine Maschine Wäsche an.“ Gesagt – getan. Was passiert: Ich sitze seit einer Stunde vor dem Rechner und aus einer Mail werden drei und da waren ja noch so viele andere Dinge, die man schnell noch erledigen wollte.

Die Zeit rast und wir rasen mit. Wir machen aus ihr das, was sie heute ist und unterliegen dem Diktat der Schnelllebigkeit. Gut, ich bin froh, dass wir nicht mehr zu Fuß in die nächste Stadt laufen müssen, um uns zu versorgen und auch die gute Vernetzung in die ganze Welt hat durchaus Vorteile, aber müssen wir immer auf dem Laufenden sein und immer ganz vorne mit schwimmen? Ich weiß es nicht.

Der Druck man könnte etwas verpassen, wenn man mal „offline“ ist, der fängt ja heute schon bei den Jugendlichen an. Dabei entsteht gerade dort die Kreativität, wenn man sich mal „ausklinkt“.

Ich habe es selbst vor ein paar Wochen erlebt: Eine Woche raus aus dem Alltag. Das Handy aus. Kein Tv. Keine Anrufe. Keine Mails. Und es hat gut getan, wenn ich es euch sage. Mein Kopf war plötzlich frei und ich konnte mich auf mich besinnen. Zugegeben: das geht mal eine Woche gut, vielleicht auch zwei, aber alltagstauglich ist so eine „Entkopplung“ oder „Entschleunigung“ heutzutage kaum noch. Die Frage ist auch, ob wir das überhaupt wollen. Könnte es sein, dass wir uns gar nicht von den Strömen abkoppeln wollen, aus Angst, auf sich allein zurückgeworfen zu werden. Angst davor, dass da gar nichts sein könnte?

Das „sich mit sich selbst auseinandersetzen“ ist nicht jedermanns Sache. Und da meine ich jetzt nicht sowas wie nen Slip mit Vibrator 🙂 Denn es könnten ja Dinge vor dem geistigen Auge erscheinen, die man vielleicht ändern sollte. Außerdem ist „beschäftigt“ sein heute total im Trend und zur Modedroge geworden. Keine Zeit zu haben zeichnet uns aus – dann werden wir scheinbar gebraucht.

Wenn man sich dann mal „rausnimmt“ kommt das Gewissen oft schon um die Ecke. Es suggeriert uns, dass eine Auszeit jetzt gerade mal okay ist, aber bitte nicht übertreiben.

Wie können wir diesem Hamsterrad entkommen? Ist es realistisch aus all seinen Gewohnheiten auszubrechen? Das Gefühl der inneren Ruhe kennen doch viele nur aus dem Urlaub. Vielleicht können die folgenden Tipps eine kleine Hilfe sein, um sich ab und an auf das wesentliche deines Lebens zu besinnen und den Turbo mal auf Sparflamme zu schalten:

4 Tipps zur Entschleunigung deines Lebens-Marathons

  1. Nimm dir mal wieder Zeit zum Essen! Wie oft sitzen wir tatsächlich beim Essen und das Handy, die Zeitung oder gar das Telefon liegen neben einem – vielleicht läuft sogar der Fernseher. Sie alle warten nur auf den Angriff! Du merkst es nicht, aber sie lauern schon, um dich gleich zu nerven. Es klingelt, du springst auf, um zu merken, dass dir wieder so eine unsinnige Telefonansage irgendetwas andrehen will, was du gar nicht haben möchtest. Du bist gestresst – der Kaffee kalt. Lass es künftig klingeln. Leg alle Medien weg. Konzentriere dich auf die halbe Stunde, die du nur dir oder deinen Lieben um dich herum widmest. Führe dabei gute Gespräche oder sei einfach mit dir zufrieden, wenn du allein bist. Lass die Gedanken mal streifen.
  2. Such dir ein echtes Hobby! Wer von uns hat eigentlich heutzutage noch Hobbies, die einem „Entschleunigung“ verschaffen? Für manche ist es der Tennisplatz oder der Fußballverein. Für viele aber einfach das gute Buch, die Nähmaschine oder der Malkurs. Keine Zeit dazu? Doch, du musst sie dir nur nehmen. An festen Tagen. Plane immer am gleichen Tag, zur gleichen Uhrzeit dein Hobby ein – dann funktioniert das auch.
  3. Oft ist der Stress „hausgemacht“. Achte mal bewusst darauf. Muss ich heute wirklich noch alles erledigen oder reicht es vielleicht auch, wenn ich morgen die Fenster putze oder das Auto wasche, wenn ich eigentlich mehr Zeit habe. (Nein, auch wenn du es denkst, die Nachbarn sehen es nicht, ob du es heute oder morgen machst ;-)) Nimm den vermeintlichen Druck von außen raus. Schreibe dir eine Liste, was ist wirklich heute wichtig und erledige nur das. Es gibt vollgepackte Tage, da geht es manchmal nicht anders, aber es gibt genug andere Tage, da machen wir uns das Leben selber schwer. Beobachte es mal ganz genau und dann versuch es zu verändern. Nicht von heute auf morgen, aber Schritt für Schritt.
  4. Und der vierte Tipp ist vielleicht der Schwerste: Setz dich mit dir selbst auseinander. Da ja viele von uns wahre Verdrängungskünstler sind, wollen wir das eventuell gar nicht. Aber es ist so wichtig. Renn nicht davon. Das soll nicht heißen, dass du in Endlos-Grübeleien verfallen sollst oder plötzlich dein ganzes Leben in Frage stellst, so dass dein ganzes Umfeld plötzlich Kopf steht. Viele müssen erst lernen, wie das überhaupt funktioniert, denn sie haben es schon lange nicht mehr getan. Dabei geht es in erster Linie darum, seine Ziele mal wieder neu zu stecken und von außen zu betrachten. Bin ich überhaupt zufrieden – wenn „ja“, dann denke über die schönen Dinge in deinem Leben nach. Aber wenn „nein“, dann überlege, an welchen kleinen Schrauben du zunächst drehen kannst, um deinen Zielen näher zu kommen. Du sollst ja nicht gleich die Welt verändern, aber Möglichkeiten etwas in seinem näheren Umfeld zu verändern, die gibt es immer.

Wie seht ihr das? Muss man immer up to date sein oder geht es auch mal ohne Vernetzung, Stress und Hektik?

Gute Tipps? Immer her damit!

Ich muss weg … die Arbeit ruft 😉

2 Gedanken zu „Entschleunigung – oder der Marathon des Lebens

  1. Hallo, ein wirklich toller Artikel. Ja, ich bin auch meistens in Hetze und Eile…vor allem morgens.. Manchmal, wenn ich von der Arbeit heimkomme und dann daran denke, was ich noch alles zu Hause erledigen muss…wie z.B. Aufräumen, Putzen, Fotos machen, Blogartikel schreiben, dann nehme ich mir ein Buch und lege mich einfach eine Stunde hin und lese. Das tut wirklich gut.
    LG Anja

    1. Da hast du Recht Anja, mach das. Es tut gut, wenn man sich zwischendurch einfach mal „rausnimmt“. Toll, dass du das schaffst!

      Liebe Grüße

      Christine

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